27/04/2020
Arbeitszeugnis- verschlüsselte Formulierung
Nach § 109 I Gewerbeordnung(GewO) hat der Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses einen Anspruch auf die Erteilung eines schriftlichen Zeugnisses. Das Zeugnis darf gem. § 109 II2 GewO keine Formulierungen enthalten, die den Zweck haben, eine andere als aus der äußeren Form oder dem Wortlaut ersichtliche Aussage über den Arbeitnehmer zu treffen( Grundsatz der Zeugnisklarheit).
Der Kläger war in der Zeit vom 01.04.2004 bis zum 28.02.2007 als Mitarbeiter im “ SAP Competence Center“ der Beklagten beschäftigt. Die Beklagte erteilte ihm unter dem Beendigungsdatum ein Zeugnis. Dieses enthielt auszuzgsweise folgenden Absatz:
“ Wir haben den Kläger als sehr interessierten und hochmotivierten Mitarbeiter kennen gelernt, der stets eine sehr hohe Einsatzbereitschaft zeigte. Der Kläger war jederzeit bereit, sich über die normale Arbeitszeit hinaus für die Belange des Unternehmens einzusetzen. Er erledigte seine Aufgaben stets zu unserer vollen Zufriedenheit.“
Der Kläger wendet sich gegen die verwendete Formulierung “ kennen gelernt.“
Er hat durch drei Instanzen die Auffassung vertreten, diese Formulierung werde in der Berufswelt überwiegend negativ verstanden. Damit bringe der Arbeitgeber verschlüsselt zum Ausdruck, dass gerade das Gegenteil der jeweiligen Aussage zutreffe.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision des Klägers vor dem Bundesarbeitsgericht war jedoch ohne Erfolg. Die im Zeugnis der Beklagten enthaltene Formulierung “ als sehr interessierten und hochmotivierten Mitarbeiter kennen gelernt“, erwecke aus Sicht des objektiven Empfängerhorizonts nicht den Eindruck, die Beklagte attestiere dem Kläger in Wahrheit Desinteresse und fehlende Motivation.
Pressemitteilung BAG Nr. 88/11
Urteil Bundesarbeitsgewricht vom 15. 11. 2011 -9 AZR 386/10 –
Zeugnisse und deren Formulierungen sind häufig Gegenstand arbeitsgerichtlicher Auseinandersetzungen. Ob ein Zeugnis gut und den tatsächlichen Leistungen entspricht, lässt sich zumeist nicht klar feststellen, da häufig Formulierungen- bewusst oder unbewusst- verwendet werden, die gerade das Gegenteil des eigentlich gewollten attestieren. Wir empfehlen bei Vorliegen von Bedenken die Überprüfung durch einen erfahrenen Fachanwalt für Arbeitsrecht.
Herr Rechtsanwalt Hubert Ratering – Fachanwalt für Arbeitsrecht und Fachanwalt für Versicherungsrecht- steht Ihnen gerne bei Fragen nicht nur zu dieser Thematik zur Verfügung.