27/04/2020
Auch Tote haben Recht auf Urlaub
Ein interessantes Urteil hat der europäische Gerichtshof über die Abgeltung von Urlaub bei Eintritt des Todes des Arbeitnehmers gefällt.
Früher galt der Grundsatz, wer nicht lebt, braucht keinen Urlaub mehr. Diesen Grundsatz hat der Europäische Gerichtshof nunmehr mit Urteil vom 12.06.2014 zum Aktenzeichen C-118/13 gekippt.
Ausgangspunkt war ein Fall in Deutschland. Der Mitarbeiter eines westfälischen Lebensmittelhändlers, dort angestellt seit 1988, war seit 2009 schwer erkrankt und konnte keinen Urlaub nehmen. 2010 verstarb er.
Kurz zuvor hatte er seine Frau als Alleinerbin eingesetzt. Sie forderte nunmehr nach dem Tod des Ehemannes Geld für den Urlaub, den ihr Mann nicht mehr nehmen konnte. Insgesamt 140,5 Tage. Es ergab sich eine Klageforderung von 16.000,00 €.
Zunächst wies das Arbeitsgericht Hamm die Klage im Jahre 2011 ab.
Das zuständige Landesarbeitsgericht Hamm legte das Urteil dem Europäischen Gerichtshof mit der Frage vor, ob die deutschen Regelungen zum Verfall von Urlaub bei Tod des Arbeitnehmers EU-kompatibel seien.
Der Europäische Gerichtshof hat nunmehr festgestellt, dass der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub ein besonders bedeutsamer Grundsatz des Sozialrechts sei. Zudem habe der Gerichtshof bereits entschieden, dass der Arbeitnehmer nach Ende des Arbeitsverhältnisses Anspruch auf eine Vergütung seines nicht genommenen Urlaubs habe.
Der unwägbare Eintritt des Todes des Arbeitnehmers dürfe daher nicht rückwirkend zum vollständigen Verlust des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub und der daraus resultierenden Urlaubsabgeltung führen.
Folge dieses Urteils ist, dass nunmehr auch Erben des Verstorbenen noch offene Urlaubsabgeltungsansprüche aus einem beendeten Arbeitsverhältnis geltend machen können. Arbeitgeber können nur den Eintritt der Verjährung (3 Jahre) oder einzelvertragliche bzw. tarifvertragliche Ausschlussfristen einwenden, um Zahlungsansprüchen zu entgehen.
Sofern Sie zu dieser Problematik Fragen haben, können Sie sich gerne mit Herrn Rechtsanwalt Hubert Ratering – Fachanwalt für Arbeitsrecht – in Verbindung setzen.