Bankkunden ziehen Revision zurück: Keine BGH-Entscheidung zu Folgen fehlerhafter Widerrufsbelehrung bei Immobiliendarlehen

Der Bundesgerichtshof wird vorerst nicht über die Folgen einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung bei einem Immobiliendarlehen entscheiden. Die Bankkunden hätten ihre auf Rückerstattung geleisteter Zinsen sowie auf Rückzahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung gerichtete Revision zurückgenommen, teilte der BGH am 19.06.2015 zum Verfahren XI ZR 154/14 mit. Es wird vermutet, dass der Revisionsrücknahme eine außergerichtliche Einigung der Bank mit den Klägern zugrunde liegt. Ohne die Rücknahme hätte der BGH am 23.06.2015 über diesen Fall verhandelt.

Im zugrunde liegenden Fall hatten die Kläger mit Übernahmeverträgen vom 19.03.2007 zum 01.03.2007 zwei zuvor von Dritten mit der Beklagten geschlossene Darlehensverträge übernommen und außerdem zwei Widerrufserklärungen unterzeichnet. Die Darlehen lösten sie zum 31.12.2008 ab. Mit Schreiben vom 28.12.2011 widerriefen sie ihre auf Abschluss der Übernahmeverträge gerichteten Willenserklärungen. Die Parteien stritten darüber, ob die Beklagte die Kläger ordnungsgemäß über ein Widerrufsrecht belehrt hat, sodass die Widerrufsfrist bei Erklärung des Widerrufs im Dezember 2011 bereits abgelaufen war, und ob – unterstellt, die Kläger seien nicht ordnungsgemäß belehrt worden und die Widerrufsfrist nicht angelaufen – das Widerrufsrecht zumindest verwirkt ist.

Das zuständige Landgericht  und das Oberlandesgericht hatten die Klage abgewiesen. Das OLG erachtete die Widerrufsbelehrungen zwar für fehlerhaft und daher für nicht geeignet, die Widerrufsfrist in Gang zu setzen. Die Angabe zum Anlaufen der Widerrufsfrist in den Widerrufsbelehrungen habe weder § 355 Abs. 2 BGB noch Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV entsprochen. Vielmehr habe sie die falsche und irreführende Deutung zugelassen, die Frist könne schon mit der Übersendung noch nicht unterschriebener Vertragsunterlagen (also eines Angebotes der Bank) beginnen.

Das Widerrufsrecht der Kläger sei zum Zeitpunkt der Widerrufserklärung im Dezember 2011 aber verwirkt gewesen, so das OLG weiter. Eine Verwirkung sei jedenfalls dann anzunehmen, wenn der Verbraucher zwar eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung erhalten habe, diese aber nicht geeignet gewesen sei, ihn von einem Widerruf abzuhalten, und zudem seit Vertragsschluss geraume Zeit verstrichen sei. Diese Voraussetzungen lägen hier, so dass zuständige Oberlandesgericht, vor. Zwischen Vertragsschluss und Widerruf hätten mehr als vier dreiviertel Jahre, zwischen der vollständigen Abwicklung der Darlehen auf Wunsch der Kläger und dem Widerruf hätten drei Jahre gelegen (Zeitmoment). Die Beklagte habe nach so langer Zeit darauf vertrauen dürfen, dass die Darlehen erledigt seien und ein Widerruf nicht mehr zu erwarten stehe (Umstandsmoment).

Stiftung Warentest weist auf „test.de“ darauf hin, dass die Widerrufsbelehrungen bei rund 80% der von Oktober 2002 bis 2010 geschlossenen Immobilienkreditverträge fehlerhaft seien. Stiftung Warentest geht davon aus, dass die beklagte Bank den Klägern im aktuellen Fall ein lukratives Angebot gemacht hat, damit diese ihre Revision zurückziehen. Denn viele Experten hatten ein verbraucherfreundliches Urteil des Bundesgerichtshofes erwartet.

Allein aufgrund der Tatsache, dass das Darlehen bereits seit drei Jahren abgelöst worden war, habe das OLG nicht die Verwirklichung des Umstandsmoments annehmen dürfen. Ein Umstandsmoment sei vorliegend nicht verwirklicht worden. Zu vermuten ist, dass die Bank wegen der Terminsansetzung durch den Bundesgerichtshof kalte Füße bekommen und sich deshalb mit den Klägern außergerichtlich geeinigt hat.

Sofern Sie Fragen zu dieser Thematik haben, können Sie sich gerne mit Herr Rechtsanwalt Hubert Ratering in Verbindung setzten.

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