27/04/2020
Druckkündigung durch Betriebsrat
Mit Urteil vom 28.03.2017 hat sich das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit einem Fall beschäftigt, der nicht alltäglich vorkommt.
Gem. § 104 BetrVG kann der Betriebsrat vom Arbeitgeber die Entlassung oder die Versetzung eines Arbeitnehmers verlangen, wenn dieser durch gesetzwidriges Verhalten oder durch rassistische oder durch fremdenfeindliche Betätigungen den Betriebsfrieden wiederholt ernstlich gestört hat.
Das BAG hat nunmehr in der obigen Entscheidung festgestellt, dass für den Fall, dass ein Arbeitgeber auf Antrag des Betriebsrates in einem Verfahren nach § 104 Satz 2 BetrVG durch das angerufene Arbeitsgericht aufgegeben wurde den Arbeitnehmer zu entlassen, darin ein dringendes betriebliches Erfordernis im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG für eine ordentliche Kündigung des Arbeitnehmers zu sehen ist.
Das BAG hat nunmehr festgestellt, dass aufgrund der rechtskräftigen Entscheidung des Arbeitsgerichtes, wonach die Beklagte die Klägerin aufgrund des Antrages des Betriebsrates zu entlassen hatte, ein dringendes betriebliches Erfordernis im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG für eine ordentliche Kündigung gegeben war. Somit war die Arbeitnehmerin zu entlassen.
Die Pressemitteilung des BAG lautet wie folgt:
Ist einem Arbeitgeber auf Antrag des Betriebsrats in einem Verfahren nach § 104 Satz 2 BetrVG* rechtskräftig aufgegeben worden, einen Arbeitnehmer zu entlassen, liegt für eine ordentliche Kündigung dieses Arbeitnehmers ein dringendes betriebliches Erfordernis iSd. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG vor.
Die Klägerin war bei dem beklagten Versicherungsunternehmen langjährig als Sachbearbeiterin beschäftigt. Ende April 2015 forderte der Betriebsrat die Beklagte auf, die Klägerin zu entlassen, hilfsweise sie zu versetzen. Zur Begründung verwies er auf Vorfälle, die sich zwischen der Klägerin und ihren Arbeitskollegen im Oktober 2014 und Januar 2015 ereignet haben. Die Beklagte kam dem Verlangen zunächst nicht nach. In dem daraufhin vom Betriebsrat eingeleiteten Beschlussverfahren gem. § 104 Satz 2 BetrVG gab das Arbeitsgericht der Beklagten antragsgemäß auf, die Klägerin „zu entlassen“. Die Klägerin war in dem Beschlussverfahren nach § 83 Abs. 3 ArbGG angehört worden. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis der Klägerin außerordentlich, hilfsweise ordentlich zum 30. Juni 2016.
Dagegen hat sich die Klägerin mit der vorliegenden Klage gewandt. Sie hat gemeint, es liege weder ein wichtiger Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB für die außerordentliche Kündigung vor,noch sei die ordentliche Kündigung sozial gerechtfertigt iSd. § 1 Abs. 2 KSchG. Beide Vorinstanzen haben festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis zwar nicht durch die fristlose Kündigung aufgelöst worden ist, die gegen die ordentliche Kündigung gerichtete Klage wurde jedoch abgewiesen. Im Revisionsverfahren verfolgen die Parteien ihre ursprünglichen Anträge weiter.
Die Rechtsmittel beider Parteien blieben vor dem Bundesarbeitsgericht ohne Erfolg. Der Zweite Senat hat entschieden, dass aufgrund der – auch im Verhältnis zur Klägerin – rechtskräftigen Entscheidung des Arbeitsgerichts, wonach die Beklagte die Klägerin zu entlassen hatte, ein dringendes betriebliches Erfordernis iSd. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG für die ordentliche Kündigung gegeben war. Dagegen war der Beklagten durch den Beschluss nicht die fristlose Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgegeben worden.
Bundesarbeitsgericht
Urteil vom 28. März 2017 – 2 AZR 551/16 –
Sollten Sie Fragen zu dieser Thematik haben, können Sie sich gerne mit Herrn Rechtsanwalt Hubert Ratering – Fachanwalt für Arbeitsrecht – in Verbindung setzen.