Entschädigungszahlungen nach dem AGG dürfen nicht mit dem ALG II verrechnet werden

Erhält ein schwerbehinderter ALG-II-Empfänger Entschädigungsleistungen wegen Diskriminierung nach dem allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) in mehreren Bewerbungsverfahren, so sind diese Geldleistungen kein anrechenbares Einkommen.

Der Kläger ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 60. Er bezieht Leistungen nach dem SGB II (Hartz IV). Aus verschiedenen Vergleichen in arbeitsgerichtlichen Verfahren hatte er Entschädigungen erhalten, weil seine Bewerbungen bei mehreren öffentlich-rechtlichen Körperschaften abgelehnt worden sind, ohne dabei seinen Status als Schwerbehinderter hinreichend zu berücksichtigen. Insgesamt sind ihm ca. 16.700,00 € gut geschrieben worden.

Das Jobcenter bewertete diese Zahlungen als anrechenbares Einkommen des Klägers und berücksichtigte sie jeweils verteilt auf 12 Monate.

Im hiergegen betriebenen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes war der Kläger teilweise erfolgreich. Das LSG vertrat die Auffassung, bei den Zahlungen handele es um anrechnungsfreie Entschädigungsleistungen für einen Nichtvermögensschaden wegen Missachtung der spezifischen Rechte als Schwerbehinderter im Bewerbungsverfahren.

Das Sozialgericht hat der Klage auch im Hauptsacheverfahren stattgegeben. Von der Berücksichtigung als Einkommen seien gem. § 11 Abs. 3 Nr. 2 SGB II Entschädigungen, die wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschadens ist, ausgenommen. Es sei dabei davon auszugehen, dass es sich bei den zugeflossenen Summen aus arbeitsgerichtlichen Vergleichen um Ausgleichzahlungen nach § 15 Abs. 2 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) handele, die unter § 253 Abs. 2 BGB zu fassen seien, weil Schmerzensgeld auch bei einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts gewährt werde.

Hiergegen wendet sich die Sprungrevision des Jobcenters. Das Sozialgericht habe, so das Jobcenter, zu Unrecht unterstellt, dass es sich dabei jeweils um Ansprüche aus § 15 Abs. 2 AGG gehandelt habe. Tatsächlich sei den arbeitsgerichtlichen Vergleichen zunächst keine Feststellung zu entnehmen, ob und iwieweit eine Benachteiligung wegen der Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers in Sinne des AGG vorgelegen habe. Es handele sich vielmehr um Vergleiche, mit denen lediglich die Ungewissheit hinsichtlich des Ausgangs der Verfahren beseitigt werden sollte. Selbst wenn die Zahlungen unmittelbar auf der Grundlage des § 15 Abs. 2 AGG geleistet worden seien, handel es sich nicht um Schmerzensgeld im Sinne von § 253 Abs. 2 BGB.

Das Bundessozialgericht hat den Fall nunmehr an die Vorinstanz zurückverwiesen. Diese muss noch feststellen, ob die erhaltenen Zahlungen tatsächlich als Entschädigung wegen einer Diskriminierung geleistet worden sind. Nur dann könne das Geld bei den ALGII-Leistungen unberücksichtigt bleiben.

Bundessozialgericht-Urteil vom 22.08.2012 AZ B 14 AS 164

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