27/04/2020
Urlaubsabgeltungsanspruch von langzeiterkrankten Arbeitnehmern darf auf 15 Monate beschränkt werden
Der Europäische Gerichtshof hat mit Urteil vom 22.11.2011 zum Aktenzeichen C-214/10 festgestellt, dass eine tarifvertragliche Regelung, wonach Ansprüche auf bezahlten Jahresurlaub bei Langzeiterkrankung nicht zeitlich unbegrenzt angesammelt werden kann, sondern 15 Monate nach Ablauf des Bezugszeitraums erlöscht, mit dem Unionsrecht vereinbart ist.
Dies bedeutet, dass tarifvertraglich ein Urlaubsabgeltungsanspruch von langzeiterkrankten Arbeitnehmern auf 15 Monate beschränkt werden kann. Der Kläger des Ausgangsverfahrens war seit 1964 bei einem deutschen Unternehmen beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis war ein Tarifvertrag anwendbar. Danach hatte der Arbeitnehmer auf 30 Tage bezahlten Urlaub im Jahr, eine Abgeltung des nicht genommen Jahresurlaubs nur bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses zulässig war und ein wegen Krankheit nicht genommener Jahresablauf nach Ablauf einer Übertragungsfrist von 15 Monaten nach dem Bezugszeitraum (Kalenderjahr) „erlischt“.
Der Kläger erkrankte im Jahr 2002 und war dann bis Beendigung des Arbeitsverhältnisses im August 2008 arbeitsunfähig erkrankt. Mit seiner im Jahre 2009 erhobenen Klage nahm er seinen ehemaligen Arbeitgeber auf Abgeltung des nicht genommenen bezahlten Jahresurlaubs für die Jahre 2006-2008 in Anspruch. Das mit der Sache befasste deutsche Landesarbeitsgericht Hamm stellte fest, dass der Urlaubsanspruch für das Jahr 2006 nach der deutschen Regelung und nach dem Tarifvertrag wegen des Ablaufs des Übertragungszeitraums erloschen ist. Das Landesarbeitsgericht Hamm legte dem Europäischen Gerichtshof die Frage vor, ob diese Rechtsfolge mit der Richtlinie über die Arbeitszeitgestaltung (EL 2003/88/eg) vereinbart ist. Der Europäische Gerichtshof bejahte dies nunmehr.
Der Europäische Gerichtshof führt dazu aus, dass das Unionsrecht im Fall eines über mehrere Jahre arbeitsunfähigen Arbeitnehmer einzelstaatlichen Rechtsvorschriften oder Tarifverträgen nicht entgegen steht, die die Möglichkeit, Ansprüche auf bezahlten Jahresurlaub anzusammeln auf einen Übertragungszeitraum von 15 Monaten beschränken. Der Europäische Gerichtshof ist der Auffassung, dass ein unbegrenztes Ansammeln von Ansprüchen auf bezahlten Jahresurlaub während einer mehrjährigen Arbeitsunfähigkeit nicht mehr dem Zweck des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub entsprechen würde. Der Urlaub dient danach zum einem der Erholung von der Arbeit und zum anderen der zur Verfügungstellung eines Zeitraums für Entspannung und Freizeit. Nach alldem stellt der Europäische Gerichtshof fest, dass eine Beschränkung des Urlaubsabgeltungsanspruches von 15 Monaten Tarifvertraglich möglich ist.
Sofern Sie fragen zu dieser Thematik haben, können Sie sich gerne mit Herrn Rechtsanwalt Hubert Ratering – Fachanwalt für Arbeitsrecht und Versicherungsrecht – in Verbindung setzen.